23.11.2023

Das Europäische Parlament (EP) hat in seiner Plenarsitzung gegen ein Gesetzgebungsprojekt gestimmt, mit dem der Einsatz von Pestiziden in der Europäischen Union (EU) verringert werden soll. Diese Entscheidung ist ein entscheidender Moment in der laufenden Debatte über landwirtschaftliche Praktiken und Umweltgesundheit in der EU.
Mit 299 Gegenstimmen und nur 207 Befürwortern, von denen sich 121 Abgeordnete der Stimme enthielten, musste das Gesetz eine deutliche Niederlage einstecken. Die österreichische grüne Europaabgeordnete Sarah Wiener, die Berichterstatterin für das Dossier, zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis. Sie bezeichnete es als einen "sehr schwarzen Tag", nicht nur für die öffentliche Gesundheit und die Umwelt, sondern auch für die Befreiung der Landwirte aus dem Griff der Agrarindustrie.
Wiener hatte das EP aufgefordert, das Gesetzesvorhaben zur erneuten Prüfung an den Umweltausschuss zurückzuverweisen, doch auch dieser Vorschlag wurde von den Abgeordneten abgelehnt. Nach der Abstimmung äußerte sie sich pessimistisch über die Aussichten des Gesetzes, indem sie es in der laufenden Legislaturperiode als "tot" bezeichnete und seine Wiederbelebung vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 bezweifelte.
Die ursprüngliche Gesetzesinitiative, die von der Europäischen Kommission (EK) im Juni des vergangenen Jahres eingebracht wurde, hatte ehrgeizige Ziele. Sie schlug rechtsverbindliche Ziele auf nationaler und EU-Ebene vor, um den Einsatz und das Risiko chemischer Pestizide sowie den Einsatz der gefährlichsten Pestizide bis 2030 zu halbieren. Im Rahmen dieses Plans sollten die EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Reduktionsziele innerhalb bestimmter Parameter festlegen, um sicherzustellen, dass die EU-weiten Ziele erreicht werden.
Der Vorschlag durchlief jedoch einen schwierigen Weg durch das parlamentarische Verfahren, der durch ideologische Differenzen zwischen linken und rechten Parteien und gegensätzliche Ansichten zwischen dem Umwelt- und dem Landwirtschaftsausschuss des EP geprägt war. Der Umweltausschuss drängte auf ehrgeizige Ziele zur Verringerung des Pestizideinsatzes, wobei er den Schwerpunkt auf Naturschutz und Gesundheit legte, während der Landwirtschaftsausschuss auf mögliche Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit hinwies und Bedenken hinsichtlich des Mangels an geeigneten Alternativen zu chemischen Pestiziden äußerte.
Der EU-Rat, der sich aus den Mitgliedstaaten zusammensetzt und gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber fungiert, sah sich bei der Bearbeitung des Vorschlags ebenfalls einigen Herausforderungen gegenüber. Im Dezember forderten die Mitgliedstaaten von der Europäischen Kommission eine zusätzliche Folgenabschätzung, da der ursprüngliche Vorschlag die Auswirkungen des russischen Einmarsches in der Ukraine auf die Landwirtschaft nicht berücksichtigt hatte.
Im Juli veröffentlichte die Kommission diese zusätzliche Bewertung und versicherte, dass die Rechtsvorschriften die Ernährungssicherheit nicht beeinträchtigen würden, selbst wenn man die Auswirkungen des Konflikts in der Ukraine auf die Landwirtschaft berücksichtige. Die Kommission warnte, dass ein Verfehlen des Ziels der Pestizidreduzierung langfristige und möglicherweise irreversible Auswirkungen auf die künftige Ernährungssicherheit haben könnte.
Die Ablehnung des Gesetzgebungsvorhabens durch das Europäische Parlament wurde mit gemischten Reaktionen aufgenommen. Auf der einen Seite haben landwirtschaftliche Genossenschaften und Organisationen die Entscheidung begrüßt. Der Ausschuss der landwirtschaftlichen Berufsverbände und der Allgemeine Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften in der EU (Copa-Cogeca) kritisierten das Vorgehen der Europäischen Kommission als ideologisch motiviert. Sie argumentierten, dass die Landwirte und landwirtschaftlichen Genossenschaften in der EU sich zwar für die Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit einsetzen, dass sie aber realistische Ziele und die nötige Unterstützung benötigen, die ihrer Meinung nach im Vorschlag der Kommission fehlen.
Andererseits machte der Widerstand verschiedener Länder während des jüngsten Treffens der EU-Agrarminister in Brüssel deutlich, wie umstritten der Vorschlag ist. Der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir unterstützte das allgemeine Ziel, den Pestizideinsatz bis 2030 um 50 % zu reduzieren, sprach sich aber gegen die Strategie der Kommission aus. Die finnische Landwirtschaftsministerin Sari Essayah sprach sich dagegen aus, nationale Ziele für jeden EU-Mitgliedstaat festzulegen. Sie verwies auf den geringen Pestizideinsatz in Finnland und bezeichnete nationale Ziele für Länder mit minimalem Chemikalieneinsatz als "sehr unfair".
Diese Entwicklung im Europäischen Parlament bedeutet einen entscheidenden Wendepunkt in der Herangehensweise der EU an landwirtschaftliche Praktiken, Umweltgesundheit und Ernährungssicherheit. Die Ablehnung des Vorschlags zur Verringerung des Pestizideinsatzes unterstreicht das komplexe Gleichgewicht zwischen Umweltschutz und landwirtschaftlicher Produktivität und verdeutlicht, wie schwierig es ist, einen Konsens zwischen den verschiedenen Interessengruppen in der EU zu erzielen.
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