06.11.2025
Am 6. November 2025 veröffentlichte Vinetur einen umfassenden Bericht, der den weltweiten Status von Schwefeldioxid (SO2), allgemein bekannt als Sulfite, in der Weinindustrie untersucht. Der Bericht enthält eine detaillierte Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen, der önologischen Praktiken, der Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit und der sich abzeichnenden Alternativen zur Verwendung von SO2 bei der Weinherstellung.
Schwefeldioxid ist aufgrund seiner doppelten Funktion als Antioxidans und antimikrobielles Mittel seit Jahrhunderten ein wichtiger Zusatzstoff bei der Weinherstellung. Seine Wirksamkeit und geringen Kosten haben es nahezu unersetzlich gemacht. Allerdings befindet sich die Verwendung von SO2 jetzt an einem kritischen Punkt. Die Nachfrage der Verbraucher nach "sauberen" Produkten, die Verwirrung über die Auswirkungen auf die Gesundheit und neue behördliche Untersuchungen - insbesondere von Seiten der europäischen Behörden - führen zu erheblichen Veränderungen im Umgang der Industrie mit Sulfit.
Der Bericht hebt eine wichtige Diskrepanz zwischen den Vorschriften und der tatsächlichen Marktpraxis hervor. Während die gesetzlichen Grenzwerte für den Gesamt-SO2-Gehalt in Wein je nach Weintyp und Gerichtsbarkeit zwischen 150 mg/L und 400 mg/L liegen können, zeigen Studien der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), dass die durchschnittlichen Werte in kommerziellen Weinen viel niedriger sind, in der Regel zwischen 60 und 130 mg/L. Dies lässt darauf schließen, dass die meisten Erzeuger den SO2-Gehalt konservativ und weit unter dem zulässigen Höchstwert verwenden. Trotzdem wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft angenommen, dass die Weine bis zu den gesetzlichen Grenzwerten mit Sulfiten gesättigt sind.
Ein wichtiger Schwerpunkt des Berichts ist der hartnäckige Mythos, dass Sulfite nach dem Weinkonsum Kopfschmerzen verursachen. Jüngste Forschungsergebnisse der University of California, Davis (2023) weisen stattdessen auf Quercetin - ein natürliches Flavanol, das in roten Traubenschalen vorkommt - als wahrscheinliche Ursache hin. Quercetin kann bei manchen Menschen das Enzym ALDH2 hemmen, was zu einer Anhäufung von Acetaldehyd führt, das Gesichtsrötung, Übelkeit und Kopfschmerzen verursacht. Dieser Mechanismus ähnelt dem von Disulfiram, einem Medikament, das zur Behandlung von Alkoholismus eingesetzt wird. Die Ergebnisse der Studie stellen lang gehegte Überzeugungen über Sulfite und Kopfschmerzen in Frage und legen nahe, dass die Verbraucher aufgeklärt werden müssen, um falsche Vorstellungen zu korrigieren.
Während der Mythos der Kopfschmerzen entkräftet wird, bestehen für bestimmte Personengruppen weiterhin reale Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit SO2. Die Überempfindlichkeit gegen Sulfite ist als klinisches Problem anerkannt, insbesondere bei Asthmatikern (5-10 % dieser Gruppe) und Menschen, die zu dermatologischen Reaktionen neigen. Im Jahr 2024 ernannte die American Contact Dermatitis Society Sulfite zum "Allergen des Jahres" und hob damit ihre Auswirkungen auf empfindliche Personen hervor.
Die wichtigste regulatorische Entwicklung kommt von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die kürzlich die Sicherheit von Sulfiten neu bewertet hat. Unter Berufung auf unzureichende toxikologische Daten aus Industriequellen konnte die EFSA die herkömmliche zulässige Tagesdosis (ADI) für Sulfite nicht bestätigen. Stattdessen wandte sie einen strengeren Ansatz für die Expositionsgrenze (Margin of Exposure, MOE) an und kam zu dem Schluss, dass die sichere Aufnahmemenge von Sulfiten bei hohen Verbrauchern - insbesondere bei Erwachsenen - um bis zu 60 % überschritten werden kann. Die EFSA äußerte auch Bedenken hinsichtlich möglicher neurotoxischer Wirkungen im Zusammenhang mit chronischer Exposition.
Als Reaktion auf diesen Druck hat sich die Erforschung von Alternativen zu SO2 beschleunigt. Physikalische Technologien wie gepulste elektrische Felder (PEF) und Hochdruckverfahren (HPP) werden zur mikrobiellen Kontrolle ohne chemische Zusätze getestet. Biologische Strategien wie die Bioprotektion - der Einsatz gutartiger Mikroben zur Überwindung von Verderbniserregern - und Innovationen wie Polyphenol-Extrakte aus Traubentrester sind vielversprechend, um die antioxidativen und antimikrobiellen Funktionen von SO2 zu übernehmen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für SO2 sind weltweit unterschiedlich, orientieren sich aber im Allgemeinen an den Empfehlungen der OIV. Die Europäische Union legt Grenzwerte von 150 mg/L für trockene Rotweine und 200 mg/L für trockene Weißweine/Rosés fest, wobei für Süßweine höhere Werte zulässig sind. Die Vereinigten Staaten erlauben bis zu 350 mg/L, verlangen aber eine Kennzeichnung, wenn der Gesamt-SO2-Gehalt 10 ppm übersteigt - ein Schwellenwert, der auch in Australien und Neuseeland gilt.
Die zwischen 2023 und 2025 erhobenen Marktdaten bestätigen, dass die meisten Weine weit weniger SO2 enthalten als gesetzlich erlaubt. Spanische Rotweine zum Beispiel enthielten durchschnittlich 92 mg/L, Weißweine durchschnittlich 107 mg/L. Ähnliche Tendenzen wurden in Rumänien, Schweden und Moldawien beobachtet. Selbst Bioweine garantieren nicht immer einen niedrigeren Sulfitgehalt; während in den USA zertifizierte Bioweine weniger als 10 ppm Gesamt-SO2 (ohne zugesetzte Sulfite) aufweisen müssen, können EU-Bioweine bis zu 100 mg/L oder mehr enthalten.
"Weine ohne Sulfitzusatz (NSA) stellen eine kleine, aber wachsende Nische dar, die durch die Nachfrage der Verbraucher nach Transparenz und minimalen Eingriffen angetrieben wird. Doch auch diese Weine enthalten von Natur aus einen gewissen Anteil an Sulfiten, die während der Gärung durch die Hefe gebildet werden - in der Regel zwischen 10 und 20 mg/l -, so dass die Bezeichnung "sulfitfrei" nicht korrekt ist.
Der vollständige Ersatz von SO2 ist nach wie vor eine Herausforderung, da es keine Alternative gibt, die die doppelte Funktionalität von SO2 bei vergleichbaren Kosten und einfacher Anwendung erfüllt. Chemische Ersatzstoffe wie Lysozym oder Chitosan bieten Teillösungen, haben aber Einschränkungen hinsichtlich der Kosten oder des Wirkungsspektrums. Physikalische Verfahren wie PEF oder HPP sind wirksam, erfordern jedoch erhebliche Investitionen und Änderungen der Infrastruktur.
Jüngste Innovationen konzentrieren sich auf natürliche Lösungen, die mit Nachhaltigkeitszielen in Einklang stehen. Beim biologischen Schutz werden ausgewählte Nicht-Saccharomyces-Hefen verwendet, um den Verderb in der frühen Phase der Produktion zu verhindern, was jedoch zu einer Veränderung des sensorischen Profils führen kann. Das Upcycling von Traubentrester zu polyphenolreichen Extrakten bietet sowohl antioxidative als auch antimikrobielle Vorteile und unterstützt gleichzeitig die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft in Weinkellereien.
Die gesundheitlichen Bedenken in Bezug auf Sulfite sind heute differenzierter als je zuvor. Während schwerwiegende Reaktionen außerhalb empfindlicher Bevölkerungsgruppen (insbesondere Asthmatiker) selten sind, haben die Erkenntnisse der EFSA zur potenziellen Neurotoxizität zu Forderungen nach dringenden, von der Industrie finanzierten toxikologischen Forschungsarbeiten geführt, um die von den Regulierungsbehörden festgestellten Datenlücken zu schließen.
Neue Forschungsarbeiten befassen sich auch damit, wie SO2 die Zusammensetzung der Darmmikrobiota nach dem Weinkonsum beeinflusst. Eine kürzlich durchgeführte Studie mit simulierten Verdauungsmodellen ergab, dass mit SO2 behandelte Weine die Zahl der nützlichen Bakterien leicht verringerten, während einige entzündungsfördernde Stämme zunahmen; die im Rotwein enthaltenen Polyphenole schienen diese Auswirkungen jedoch zu mildern.
Mit Blick auf das Jahr 2026 sieht sich die Weinindustrie mit mehreren strategischen Notwendigkeiten konfrontiert: Richtigstellung falscher Vorstellungen in der Öffentlichkeit über sulfitbedingte Kopfschmerzen; Beseitigung tatsächlicher allergener Risiken durch klare Kennzeichnung; proaktive Reaktion auf regulatorische Herausforderungen durch Investitionen in neue toxikologische Studien; und beschleunigte Einführung alternativer Konservierungsmethoden, die die Abhängigkeit von SO2 verringern oder beseitigen, ohne die Weinqualität oder -stabilität zu beeinträchtigen.
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass SO2 aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften und seiner wirtschaftlichen Rentabilität heute zwar weiterhin unverzichtbar ist, seine künftige Verwendung jedoch davon abhängen wird, wie effektiv sich die Branche an die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Anforderungen der Behörden und die Erwartungen der Verbraucher an sicherere und transparentere Produkte anpasst.
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| (PDF)Schwefeldioxid im globalen Weinsektor |
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