13 % des weltweit exportierten Weins wird wiederausgeführt, was 4,6 Milliarden Euro einbringt

09.10.2025

Das Vereinigte Königreich, Singapur und Deutschland führen ein Netzwerk an, das weltweit 14 Millionen Hektoliter bewegt

Die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) hat ihren neuesten statistischen Themenschwerpunkt für das Jahr 2025 mit dem Titel "The Global Trade in Wine: Role and Relevance of Re-exportation Hubs" veröffentlicht. Der Bericht liefert die erste umfassende Schätzung der weltweiten Reexporte von Wein und untersucht, wie diese Ströme die moderne Weinwirtschaft prägen. Nach Angaben der OIV macht die Wiederausfuhr derzeit etwa 13 % der gesamten weltweiten Weinexporte aus, was 14 Millionen Hektolitern im Wert von 4,6 Milliarden Euro zwischen 2018 und 2023 entspricht.

Nach der Definition der OIV handelt es sich bei der Wiederausfuhr um eine Handelspraxis, bei der ein Land Waren, die es zuvor eingeführt hat, ohne wesentliche Veränderung wieder ausführt. Im Weinsektor bedeutet dies, dass eine Flasche in einem Land hergestellt, in ein anderes Land importiert und möglicherweise dort abgefüllt oder neu etikettiert und dann in ein Drittland exportiert werden kann. Dieser Prozess spielt eine immer größere Rolle im globalen Weinhandel, der inzwischen 47 % des weltweiten Weinverbrauchs ausmacht.

In dem Bericht werden verschiedene Arten von Wiederausfuhrzentren genannt, die jeweils eine besondere Rolle in der globalen Lieferkette spielen. In Europa spielen traditionelle Handelszentren wie das Vereinigte Königreich, Belgien und die Niederlande weiterhin eine wichtige Rolle. Das Vereinigte Königreich beispielsweise fungiert sowohl als Lieferant von Premiumweinen für Märkte wie Hongkong und die USA als auch als Verarbeiter für den regionalen Weitervertrieb. Die Rolle des Landes hat sich seit dem Brexit verschoben, mit einer bemerkenswerten Entwicklung hin zu höherwertigen Exporten und einer Verringerung des margenschwachen, volumenstarken Handels mit der Europäischen Union.

Deutschland wird als Erzeuger-Exporteur-Drehscheibe hervorgehoben, die große Mengen an nicht abgefülltem Wein - vor allem aus Italien und Spanien - importiert und ihre fortschrittliche Abfüllinfrastruktur nutzt, um fertige Produkte in ganz Europa wieder auszuführen. Dieses Modell wird durch Deutschlands Binnennachfrage nach Schaumwein und seine etablierten Handelskorridore mit den Nachbarländern vorangetrieben.

Australien dient als regionales Reexportzentrum in der südlichen Hemisphäre, insbesondere für neuseeländische Weine. Neuseeländischer Wein wird in Australien abgefüllt und dann zu wichtigen Märkten wie dem Vereinigten Königreich und den USA verschifft. Dieses Arrangement macht sich die größere Infrastruktur und die etablierten Exportkanäle Australiens zunutze.

In Asien haben sich Singapur und Hongkong als hochwertige Gateways für Premium- und Feinweine etabliert. Singapur ist auf den Vertrieb von Schaumweinen, insbesondere Champagner, auf regionalen Märkten wie Japan spezialisiert. Hongkong und Macao fungieren als Kanäle für Premiumweine, die auf das chinesische Festland gelangen, wobei sich Macao nach den chinesischen Zöllen kürzlich zu einer wichtigen Route für australische Weine entwickelt hat.

Der Bericht befasst sich auch mit spezialisierten regionalen Händlern. Lettland und Litauen dienen als primäre Reexportplattformen für EU-Wein, der für Russland bestimmt ist, wobei sie von ihrer Nähe und ihrer Erfahrung bei der Bewältigung der russischen Zollanforderungen profitieren. Kanada, Thailand und Angola werden als gezielte Grenzhändler identifiziert, die jeweils spezifische benachbarte Märkte mit einzigartigen logistischen oder regulatorischen Herausforderungen bedienen.

Die OIV-Analyse unterstreicht, dass es bei der Wiederausfuhr nicht nur um den Transport von Waren geht, sondern auch um die Wertschöpfung durch Dienstleistungen wie Abfüllung, Neuverpackung, Lagerung und Qualitätskontrolle. Drehkreuze wie Dänemark haben eine Nische für das Umpacken von nicht abgefülltem Wein in Bag-in-Box-Formate für den Export in die nordischen Länder und nach Deutschland entwickelt, was den Verbraucherpräferenzen und dem regulatorischen Umfeld entspricht.

Geopolitische Ereignisse und regulatorische Änderungen haben direkte Auswirkungen auf die Reexportströme. Der Bericht stellt fest, dass der Brexit zu einer Verlagerung der Handelsrouten vom Vereinigten Königreich zu kontinentalen Drehkreuzen wie Belgien geführt hat. Ebenso haben die Handelsspannungen zwischen Australien und China dazu geführt, dass australische Weinexporte über Macao umgeleitet wurden.

Die OIV nennt mehrere Faktoren, die zum Erfolg von Reexport-Drehkreuzen beitragen: strategische geografische Lage in der Nähe wichtiger Verbrauchermärkte oder schwieriger Regionen, fortschrittliche Logistik und Infrastruktur, günstiges regulatorisches und steuerliches Umfeld, starke Handelsnetze und die Fähigkeit, Mehrwertdienste anzubieten.

Für die Akteure der Branche ist das Verständnis dieser Reexportströme von entscheidender Bedeutung für die Vorwegnahme von Nachfrageänderungen, die Verbesserung der Markttransparenz und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lieferkette. Die Hersteller können diese Informationen nutzen, um ihre Vertriebsstrategien zu optimieren - wie z. B. die Nutzung der deutschen Abfüllkapazitäten oder Singapurs Zugang zu den asiatischen Luxusmärkten -, während die Vertriebsunternehmen die geopolitischen Entwicklungen beobachten können, um neue Möglichkeiten zu erkennen.

Die OIV kommt zu dem Schluss, dass die Wiederausfuhr heute ein strukturelles Element der globalen Weinwirtschaft ist. Sie erleichtert nicht nur den Marktzugang, sondern sorgt auch für Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in einer zunehmend komplexen internationalen Lieferkette. Da sich der Welthandel weiter entwickelt, wird die Rolle der Reexport-Drehkreuze auch weiterhin von zentraler Bedeutung dafür sein, wie der Wein die Verbraucher in aller Welt erreicht.