Geschmack ist eine Frage des Geistes, nicht nur des Glases

03.12.2025

Mithilfe biometrischer Sensoren fanden die Forscher heraus, dass das Gewicht eines Glases und das Servierritual die Art und Weise verändern, wie das Gehirn Farbe, Aroma und Intensität verarbeitet

Eine aktuelle Studie von Aplus Gastromarketing, einer auf gastronomisches Marketing spezialisierten spanischen Agentur, hat ergeben, dass die Form, das Gewicht und das Servierritual eines Weinglases die sensorische, emotionale und wirtschaftliche Wahrnehmung von Wein durch den Verbraucher erheblich beeinflussen können. Die Untersuchung wurde während der letzten Ausgabe des Gastrolab durchgeführt, einer von der Agentur organisierten Veranstaltung, bei der 30 Teilnehmer an einem kontrollierten Verkostungsexperiment teilnahmen. Die zentrale Frage war, ob das Glas und die Art und Weise, wie der Wein serviert wird, die Erfahrung des Verbrauchers verändern können, auch wenn der Wein selbst unverändert bleibt.

Während des Experiments verkostete jeder Teilnehmer denselben Crianza-Wein der D.O. La Mancha aus einer Magnumflasche in drei verschiedenen Szenarien. Die einzigen Variablen waren die Art des Glases und die Art der Bedienung. In der ersten Phase wurde der Wein in einem hellen, klassischen Glas mit einem normalen, funktionalen Service serviert. In der zweiten Phase wurde der Wein in ein stilisierteres Glas gegossen, nachdem er vor den Augen der Teilnehmer umgefüllt worden war. In der dritten Phase wurde der Wein in einem schweren Glas mit großer Schleife und einem aufwändigen, feierlichen Service serviert, das die Exklusivität betonte.

Um die Reaktionen objektiv zu messen, setzten die Forscher computergestützte neurowissenschaftliche Sensoren ein, um die positive emotionale Aktivierung und Kaufentscheidungsindizes zu verfolgen. Die Teilnehmer füllten auch Fragebögen über ihre sensorischen Wahrnehmungen und geschätzten Preispunkte für jede Verkostung aus.

Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl die physischen Eigenschaften des Glases als auch die Art der Bedienung einen direkten Einfluss darauf hatten, wie die Teilnehmer den Wein erlebten. Die visuelle Farbwahrnehmung veränderte sich je nach Glas: In Standardgläsern beschrieben die meisten den Wein als granatrot, in stilisierten Gläsern als rubinrot und in schweren Gläsern mit zeremoniellem Service als tief violett-schwarz. Auch die aromatische Komplexität nahm mit einer anspruchsvolleren Präsentation zu. In der ersten Phase dominierten einfache Noten wie rote Früchte und Holz, während in den Phasen zwei und drei komplexere Deskriptoren wie Röstnoten, balsamische Aromen, Kakao und reife Früchte zu finden waren.

Die wahrgenommene Intensität folgte einem ähnlichen Muster. Die Standardaufmachung führte dazu, dass die meisten die Intensität als mittel oder gering einstuften. Mit dem Dekantieren und schwereren Gläsern verschob sich die Bewertung in Richtung hohe oder sehr hohe Intensität. Diese Veränderungen traten auf, obwohl alle Teilnehmer genau denselben Wein probierten.

Die ökonomische Wahrnehmung wurde ebenfalls stark von der Präsentation beeinflusst. Im Standardszenario schätzten die meisten Teilnehmer den Wert des Weins auf 12-16 € pro Flasche. Nach der Premium-Präsentation mit schweren Gläsern und aufwändigem Ritual schätzte mehr als ein Drittel den Wert des Weins auf 25-32 € - eine Steigerung der durchschnittlichen Zahlungsbereitschaft um 74 % im Vergleich zum Basisservice.

In der Studie wurden auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der emotionalen Reaktion festgestellt. Weibliche Teilnehmer reagierten stärker auf ästhetische Elemente wie Eleganz und Luxus, die mit schwereren oder raffinierteren Gläsern verbunden sind. Ihre emotionale Verbindung war mit visuellem Vergnügen und symbolischen Hinweisen auf Exklusivität verbunden. Männliche Teilnehmer zeigten eine stärkere emotionale Aktivierung bei technischen Aspekten des Service - insbesondere beim Beobachten des Umfüllens von Wein - und konzentrierten sich dabei auf geschickte Gesten und professionelle Details.

Trotz dieser Unterschiede bei den Auslösern ihrer Reaktionen bewerteten beide Gruppen ihre Gesamtzufriedenheit höher, je anspruchsvoller die Präsentation war. Das emotionale Engagement nahm mit jeder Stufe des Rituals und der Glasqualität zu.

Aus Sicht des Neuromarketings unterstützen diese Ergebnisse mehrere etablierte Prinzipien: Erstens, dass ein "Halo-Effekt" auftreten kann, wenn ein herausragendes Merkmal (wie z. B. elegante Gläser) die Gesamtwahrnehmung des Produkts positiv beeinflusst; zweitens, dass anfängliche sensorische Hinweise (wie Form oder Ritual) die Erwartungen an Geschmack und Qualität vorbereiten; drittens, dass der Kontext den wahrgenommenen Wert erhöhen kann, ohne das Produkt selbst zu verändern; und schließlich, dass symbolische Handlungen während des Service stärkere emotionale Erinnerungen schaffen.

Die Auswirkungen für Gastronomen und Weinkellereien liegen auf der Hand: Die Investition in hochwertige Gläser und durchdachte Servicerituale ist nicht nur eine Frage der Ästhetik, sondern kann das Kundenerlebnis direkt verbessern und höhere Preise rechtfertigen. Die Studie legt nahe, dass im heutigen wettbewerbsintensiven Markt, in dem die emotionale Bindung der Schlüssel ist, der Service Teil der Geschichte ist, die dem Verbraucher erzählt wird, wobei die Gläser als Symbol für den Wert dienen.

Die Studie von Aplus Gastromarketing liefert den wissenschaftlichen Beweis, dass der Kontext ebenso wichtig ist wie der Inhalt, wenn es um den Genuss von Wein geht. Für Restaurants und Weinkellereien, die sich von der Konkurrenz abheben oder einen höheren Preis erzielen wollen, kann die Aufmerksamkeit für Details in der Präsentation genauso wichtig sein wie das, was in das Glas gefüllt wird.